Das Warten hatte sich gelohnt. Der Elternvortrag von Dirk Gemein sollte ursprünglich im Oktober 2020 stattfinden, musste aber pandemiebedingt immer wieder verschoben werden. Nun konnte die Veranstaltung mit anderthalbjähriger Verspätung endlich stattfinden.

Zahlreiche Eltern sind der Einladung des Schulelternbeirats gefolgt. Nach kurzen, aber herzlichen Grußworten von Schulleiterin Martina Backmann, Schulelternsprecherin Nicole Schäfer und von Stefan Bernstädt, dem Vorsitzenden des Vereins der Freunde und Förderer der IGS Pellenz hat Dirk Gemein das Wort.

Er weiß, wovon er spricht. Immer wieder lässt er in seinem Vortrag Autobiografisches durchscheinen und diese Biografie hat es in sich: Durch eine lebensbedrohliche Erkrankung, einem Aneurysma (Hirnblutung), gerät Gemein in eine tiefe Lebenskrise. Er will nicht mehr weiterleben, versucht zweimal sich das Leben zu nehmen, hat in seinem bisherigen Leben keinerlei Rüstzeug erworben, eine solche Lebenskrise zu meistern. Medikamente, Psychotherapie – alle getroffenen Maßnahmen zeigen keinen Erfolg. Dirk Gemein ist vollkommen zerstört. Dann der Wendepunkt. Die Lektüre eines Buches, das er immer und immer wieder liest, verändert sein Leben. Er bricht mit seinem Leben, wie er es bis dahin gelebt hat und reist mit nicht viel mehr als dem, was er am Leibe trägt nach Asien. Er verbringt mehrere Jahre in buddhistischen Klöstern und lernt …

Er lernt vor allem viel über sich selbst. Er lernt sich selbst zu akzeptieren, sich wertzuschätzen. Er lernt, auf sich selbst zurückgeworfen, wie einfach das Leben sein kann, das ihn zuvor so belastet hat.

Nun ist er schon seit einigen Jahren Lehrer in seinem eigenen Institut. Er bezeichnet sich selbst als Achtsamkeitscoach und als Glückslehrer. Sein Credo: Glück ist lernbar.

In seinem Vortrag nimmt er seine Zuhörer mit und lädt sie zu einem Perspektivenwechsel ein. Im Alltag sind unsere Antennen für die Reize aus der Umwelt immer nach außen gerichtet. Dirk Gemein fordert das Auditorium auf, die Wahrnehmung einmal auf sich selbst zu richten.

Immer wieder fordert er das Publikum zu kleinen Gedankenspielen auf und aktiviert dadurch seine Zuhörer. Jeder findet sich irgendwie in seinen Ausführungen wieder. Jeder scheitert bei dem Versuch den Begriff Glück zu definieren, was Dirk Gemein – ganz in buddhistischer Tradition – wie folgt tut: „Glück ist die Vermeidung von Leid für mich und alle anderen. Es ist das auf Wissen und Praxis beruhende Vermögen, Leid im Hier und Jetzt vermeiden zu können“.

Dieses bewusste Leben in der Gegenwart – nicht in der Vergangenheit, nicht in der Zukunft – das ist Achtsamkeit für Dirk Gemein. Menschen sind ihren Emotionen nicht hilflos ausgeliefert. Was von außen auf den Einzelnen einströmt sind lediglich Reize. Emotionen sind selbstgemachte Reaktionen darauf und man kann lernen, diese bewusst zu kontrollieren. Man kann lernen schlechte Emotionen in gute zu transformieren.

Emotionen bilden nach Gemein die stärkste Verbindung zwischen Eltern und Kind. Deshalb ist es so wichtig, sich nicht willenlos von ihnen treiben zu lassen, sondern Reize von außen durch den „Achtsamkeitsfilter“ laufen zu lassen und so zu positiven Emotionen und zu lösungsorientiertem Handeln zu gelangen. Für die Kommunikation mit Kindern fordert Dirk Gemein eine Kommunikation auf Augenhöhe – und das im Wortsinn. Erwachsene sollten ihren erhöhten Standpunkt aufgeben und sich wirklich auf die Ebene des Kindes herunterbemühen und ihre Ansagen nicht etwa „von oben herab“ erlassen.